Wie stelle ich mir eine passende, autarke Stromversorgung zusammen?

Unser Leitfaden für die Zusammenstellung deiner unabhängigen Stromversorgung

Mit diesem Leitfaden für die Zusammenstellung einer autarken Stromversorgung erfährst du, worauf es wirklich ankommt. Vielleicht möchtest du mit der autarken Stromversorgung in deinem Tiny House unabhängig vom Stromnetz leben, in der Wohnung für den nächsten Stromausfall gerüstet sein oder mit deinem Wohnmobil den nächsten unvergesslichen Roadtrip erleben?

Warum ist eine passende autarke Stromversorgung im Camper und Tiny House wichtig?

Die Gründe für eine unabhängige und autarke Stromversorgung sind sehr unterschiedlich. Vor der Planung der elektronischen Komponenten solltest du dir klar machen, was deine Anforderungen an das Gesamtsystem sind.

Nutzungsdauer der autarken Stromversorgung?

Hast du vor, die autarke Stromversorgung gelegentlich für das Wochenende im Wohnmobil zu nutzen oder planst du eine unabhängige Stromversorgung für ein autarkes Tiny House, in dem du das gesamte Jahr über wohnen möchtest?

Umweltbedingung und Klima?

Eventuell hast du schon einen speziellen Ort, an dem du die autarke Stromversorgung nutzen möchtest. Wenn du jedoch planst, mit dem Wohnmobil im Sommer und im Winter zu reisen, solltest du sowohl warme Temperaturen als auch Temperaturen unter dem Gefrierpunkt einkalkulieren. Im Winter ist zudem mit wenigen Sonnenstunden und eventuell Schnee auf den Solarmodulen zu rechnen. Dies hat zur Folge, dass im Winter meist weniger Strom über die Solaranlage gewonnen wird als im Sommer.

Weitere Randbedingungen und einschränkende Faktoren

Für die Planung von Campingfahrzeugen sind die Investitionskosten sowie das zulässige Gesamtfahrzeuggewicht die häufigsten begrenzenden Faktoren. Vor allem die unterschiedlichen Versorgungsbatterien können sich schnell zu einer beträchtlichen Gesamtmasse addieren. Zusätzlich zur Gesamtmasse ist auch der Bauraum im Fahrzeug, die Spannung der Starterbatterie, die Leistung der Lichtmaschine sowie die für Solarzellen nutzbare Dachfläche von Bedeutung.

Nachdem du diese Fragen für dich beantwortet hast, geht es weiter mit der Technik, den Komponenten sowie der Zusammenstellung der autarken Stromversorgung.

Woraus besteht eine autarke Stromversorgung im Camper oder Tiny House?

Eine autarke Stromversorgung besteht im Wesentlichen aus drei Einheiten: Energiespeicher, Ladetechnik und den elektrischen Geräten, den Verbrauchern. Als Energiespeicher in einem autarken Stromsystem dient eine oder mehrere Versorgungsbatterien. Der Batterie wird von den Verbrauchern wie Kühlschrank, Licht, USB-Ladegeräten und Heizung Energie in Form von Strom entnommen. Die Batterie muss nach der Energieentnahme erneut aufgeladen werden. Das Aufladen der Versorgungsbatterie erfolgt entweder über den 230 V Landstromanschluss mit geeigneter Ladetechnik, über die Solaranlage mit einem MPPT-Ladegerät oder über einen Stromgenerator. Im Wohnmobil ist der Stromgenerator meist die Lichtmaschine des Fahrzeugs.

Die wichtigste Kenngröße für die Auswahl der Versorgungsbatterie und der weiteren elektronischen Komponenten ist der persönliche Tagesbedarf. Diesen kannst du in wenigen Schritten berechnen.

Ermittle deinen individuellen Energiebedarf
in Ah oder Wh

Unabhängig davon, ob du in einem Tiny Home, Wohnwagen, Dachzelt oder Wohnmobil lebst: je nachdem welche Verbraucher du für wie lange nutzen möchtest, solltest du den Tagesbedarf möglichst genau ermitteln. Der ermittelte Tagesbedarf beschreibt deinen Energiebedarf in der Einheit Wattstunden (Wh) pro Tag. Am einfachsten berechnest du deinen persönlichen Tagesbedarf mit dieser Excel Tabelle.

Beispiel

Kapazität einer Batterie: Umrechnung Wh in Ah:

Die Angabe der Kapazität auf Batterien kann zu Beginn etwas verwirrend sein. Auf konventionellen Starterbatterien bei PKWs findet man die Angabe der Kapazität in der Einheit Ah. Bei Notebooks und Lithium-Batterien hingegen meist in der Einheit Wh. Der jährliche Energiebedarf in Häusern und Wohnungen wird dagegen in Kilowattstunden (kWh) angegeben. Welche Angabe ist aber nun richtig? Bei diesen Angaben gibt es kein Richtig oder Falsch. Die angegebene Kapazität in Amperestunden (Ah) und Wattstunden (Wh) kann schnell und unkompliziert umgerechnet werden. Für die Umrechnung musst du lediglich die Spannung in Volt (V) kennen.

Beispiel

Bei dieser Umrechnung solltest du beachten, dass die Spannung einer Batterie, vor allem bei AGM oder Gel, innerhalb eines Entladezyklus nicht konstant ist. Diese Umrechnung gilt daher als Anhaltswert. Die genauen Werte können dem Datenblatt der Batterie entnommen werden.

Wie viele Tage möchtest du autark stehen können?

Da du nun deinen persönlichen Energiebedarf pro Tag kennst, sind die nächsten beiden Fragen: Wie viele Tage möchtest du autark stehen? Und welchen Einfluss hat das auf die Zusammenstellung deiner Energieversorgung?
In manchen Fällen wirst du eventuell keine Möglichkeit haben, deine Batterie mit Solar vollständig aufzuladen, da sich die Sonne hinter den Wolken versteckt. In diesem Fall solltest du ausreichend gespeicherte Energie haben, um den Tag ohne Energiezufuhr zu überbrücken.

Ermittlung der mind. nutzbaren Kapazität

Zur Ermittlung der mind. nutzbaren Kapazität wird der Tagesbedarf mit der Anzahl der Tage multipliziert. Um mehr Sicherheit zu haben, solltest du diesen Wert mit einem Sicherheitsfaktor von 1,5 multiplizieren.

Beispiel

Bestimmung der Nennkapazität der Versorgungsbatterie

Nicht aus jeder Versorgungsbatterie können dauerhaft 100% der Kapazität entnommen werden. Eine AGM Batterie kann beispielsweise ohne Schädigung bis zu 50-55% entladen werden. Aus einer LiFePo4 Batterie können 100% der gespeicherten Energie entnommen werden.

Beispiel

Da du nun ermitteln kannst, wieviel Energie du pro Tag benötigst und welche Kapazität deine Versorgungsbatterie haben sollte, ist nun die Frage, wie die entladene Batterie mit frischer Energie versorgt wird.

Wie möchtest du die autarke Stromversorgung mit
Energie versorgen und die Versorgungsbatterie laden?

Eine autarke Stromversorgung kann auf unterschiedliche Weise mit frischer Energie versorgt werden. Die gewonnene Energie kann ohne Zwischenspeicherung direkt genutzt werden oder die Energie wird in einem Akku, der Versorgungsbatterie, für einen späteren Zeitpunkt zwischengespeichert.

Nutzung der Sonnenenergie mit Solarmodulen und Solarregler

Mit Solarzellen wird die Sonnenenergie in elektrischen Strom umgewandelt. Ein Solarmodul kann nicht direkt an die Batterie angeschlossen werden. Zwischen Solarmodul und Batterie muss eine Steuereinheit verbaut werden. Bei autarken Stromversorgungen kommen entweder PWM-Regler oder effiziente MPPT-Regler zum Einsatz. PWM-Regler arbeiten mit der Pulsweitenmodulation und schützen beispielsweise vor einer Überladung der Batterie, besitzen jedoch keinen Spannungswandler. Die Ladespannung kann von einem PWM-Regler nicht an den Ladezustand der Batterie angepasst werden. Wir empfehlen bei Solaranlagen die Verwendung von effizienten MPPT-Reglern da diese gegenüber PWM-Reglern mehrere Vorteile haben. Ein MPPT-Laderegler speist den gewonnenen Strom effizient in die autarke Stromversorgung ein und regelt zudem die Ladespannung. Der MPPT-Laderegler kann entweder eine einzelne Komponente oder in einem Kombigerät integriert sein. Beispiel hierfür ist der SBB-Ladebooster mit MPPT-Laderegler oder SSI-Wechselrichter mit integriertem MPPT-Laderegler. Beim Aufladen über Solar bist du immer vom aktuellen Wetter abhängig.

Landstrom: Aufladen der Batterie über 230 V

Unabhängig vom Wetter kann das autarke Stromsystem mit einem Landstromanschluss und entsprechender Ladetechnik mit Strom versorgt werden. In diesem Fall bist du jedoch nicht zu 100% autark. Dafür kannst du die Versorgungsbatterie schonend aufladen. Die Ladetechnik kann hier entweder in einem speziellen 230 V Ladegerät sein oder in einem Wechselrichter mit weiteren Funktionen verbaut sein. Welches Ladegerät für deine autarke Stromversorgung perfekt ist, hängt unter anderem von der gewählten Versorgungsbatterie ab.

Aufladen über die Lichtmaschine im Fahrzeug

Die Lichtmaschine im Fahrzeug ist ein Stromgenerator, der zum Aufladen der Batterie genutzt werden kann. Beim Laden über die Lichtmaschine bist du unabhängig von Landstrom und Wetter, musst jedoch den Motor starten. Je nach Aufbau der autarken Stromversorgung und Auswahl der Batterie kannst du in diesem Fall als Ladegerät einen hochwertigen Ladebooster mit prozessorgesteuerter Ladekennlinie verwenden oder ein einfaches Trennrelais verbauen.

Deine elektronischen Geräte und Verbraucher:
12 V vs. 230 V aus dem Wechselrichter

Eine Versorgungsbatterie hat meist eine Gleichspannung von 12 V oder 24 V. Übliche Haushaltsgeräte in Europa hingegen benötigen eine Wechselspannung von 230 V. Vor Zusammenstellung deiner autarken Stromversorgung solltest du dir überlegen, welche Geräte du mit 230 V über einen Wechselrichter und welche Geräte du mit der Batteriespannung betreiben möchtest. Solltest du die Auswahl zwischen 12 V und 230 V haben, ist es in den meisten Fällen sinnvoll, die Batteriespannung zu verwenden, da bei der Umwandlung von der Batteriespannung auf 230 V Leistungsverluste auftreten. Bei manchen elektronischen Verbrauchern aus dem Campingbereich kannst du zwischen 12 V und 230 V wählen.
Ein typisches Beispiel hierfür sind Campingkühlschränke. Für den Fall, dass du die Energie aus der Batterie entnimmst, kannst du den Kühlschrank mit 12 V betreiben. Sobald du jedoch mit dem Landstrom verbunden bist, kannst du den Kühlschrank umschalten und mit 230 V Landstrom betrieben.

Zusammenstellung der autarken Stromversorgung und weitere Schritte

Nachdem du nun die wichtigsten Komponenten der autarken Stromversorgung kennst und deinen persönlichen Strombedarf ermittelt hast, kann es nun an die Detailplanung der einzelnen Bauteile und Komponenten gehen. Wichtig ist hierbei, immer alle verwendeten Komponenten wie Versorgungsbatterien, Ladetechnik, Solarzellen, Sicherungen, Kabel usw. auf das gesamte System abzustimmen.

Hinweis: Das Beispiel mit dem Wasserkocher dient lediglich der Anschaulichkeit. In der Realität müssen hier noch weitere Faktoren wie Verlustleistungen, Temperaturen, Alterung, Spannungsschwankungen usw. berücksichtigt werden. Um diesen Faktoren mitzurechnen empfehlen wir den oben angeführte Sicherheitsfaktor von 1,5 zu benutzen.

Hinweis: Die Inhalte dieses Artikels wurden mit größter Sorgfalt erstellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Die Installation der Geräte und Komponenten sollte bzw. muss durch eine entsprechend geschulte Fachperson und unter Einhaltung aller geltenden Sicherheitsvorschriften und Richtlinien erfolgen. Wende dich daher bei Unsicherheiten immer an eine geschulte Fachperson.

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